Freies Feld

Remakes und Remakes

Von JÁNOS MOSER.

„Sag´mal, was gab´s denn so auf dem Gameboy Advance?“ – „Viele tolle Spiele. Zum Beispiel The Legend of Zelda: A Link to the Past.” – “Gab´s das nicht schon früher, auf dem Super Nintendo?” – „Ähm ja.“
Ähm ja. Ich erinnere mich: 2001 erschien der sagenhafte GBA, bis dato meine Lieblingskonsole. Mein Lieblingsspiel aus der Sammlung von über fünfzig Titeln herauszupicken, kommt einer Unmöglichkeit gleich. Was mir aber von Anfang an merkwürdigerweise ziemlich leicht fiel, war, die Spiele in zwei Gruppen einzuteilen. Da gab es die Neuerscheinungen wie Golden Sun, Mario & Luigi oder das neue Gunstar Heores – und die aufgewärmten Kuchengebäcke. Was? Damit gemeint sind die sogenannten Remakes. Spiele, die aus einer älteren Konsolengeneration in die neue transferiert wurden, um auch jüngere  Herzen höher schlagen zu lassen. Wer hatte nicht immer schon mal das legendäre Super Mario World zocken wollen, und das auch noch zum Mitnehmen? – Mehr Argumente brauchten die Entwickler nicht, und schwupps, sein sahen, dass es gut war. Was folgte, war eine regelrechte Flut von neuen alten Spielen, und wie es der GBA-Grafikprozessor wollte, musste dieses Mal der Super Nintendo dran glauben. Yoshi´s Island, Breath of Fire, Final Fantasy – die Liste der SNES-Titel, die auf dem Handheld erschienen, liesse sich beinahe unendlich erweitern. Den Verkaufszahlen tat dies keinen Abbruch. Im Gegenteil. Bis heute zählt der GBA zu den bestverkauftesten mobilen Konsolen. Und jetzt fragen wir uns, warum wir so dumm waren und uns mit altem Kram abspeisen liessen. Oder? Waren wir dumm?

Kult

Es ist unbestritten: Trotz der relativ jungen Geschichte der Videospiele hat sich im Volksmund der Begriff „Klassiker“ für besonders gute Spiele eingebürgert, die zehn, vielleicht auch mal zwanzig Jahre auf dem Buckel haben können. Eine sehr kurze Zeitspanne verglichen mit Buch- oder Filmklassikern, trotzdem steht für Leute wie mich fest: Der Begriff „Klassiker“ ist berechtigt. Warum? Weil ein „Klassiker“ noch so manches besser macht, als viele Spiele heute? Oder weil er neue Grenzen erprobt, neue Messlatten im jeweiligen Genre gesetzt hat? Oder ganz einfach, weil alle allen alles nachplappern? Wahrscheinlich aus all diesen Gründen und noch mehr. Und wie wir im Deutschunterricht gelernt haben: Vielen sind solche „Klassiker“ zu alt, zu verstaubt. Wer will schon Goethe lesen, wenn der neuste SF-Roman gleich um die Ecke liegt? Genau so verhält es sich mit den Spielen. Wer braucht noch Super Mario Bros., wenn wir bereits New Super Mario Bros. 2 haben? Und trotzdem gibt es so einige, die für eine Runde Pac-Man auf einem Originalautomaten ihr rechtes Bein hergeben würden. Die Videospielindustrie hat diese Zielgruppe (zu der vielleicht auch ich gehöre) schon seit längerem erkannt und zögert nicht damit, auch diese Kuh zu melken. Und hier kommen eben die Remakes ins Spiel. Wenn ich schon nicht das Geld habe, mir einen originalen Pac-Man-Arcadeautomaten zu leisten, dann tut´s auch ein Pillenfresser im Hosentaschenformat. Schamloses Marketing und Nostalgiesucht gehen, so pervers es klingt, nahtlos ineinander über. Ist das nun gut oder schlecht? Ist es gut, dass die gefühlte Hälfte der GBA-Spielebibliothek von SNES-Titel gefüllt ist? Ja und nein. Ja, weil Remakes wohl eines der besten Beispiele dafür sind, dass Videospiele grandioserweise schon „retro“ sind, nicht einfach so vergessen werden wollen, und wenn nicht immer wertvolles, so doch spassiges Kulturgut sein mögen, und nein, weil wir es eben immer mit den alten aufgewärmten Kuchen zu tun haben. Aber es soll ja Leute geben, die denselben Kuchen auch drei- oder viermal essen können. Öffnen wir die Kiste „Kunsttheorie“ fällt auf, dass sich auch im künstlerischen Umfeld viele liebe Kuchenesser tummeln, was heissen würde …? Na ja. Wir wollen dieselbe Frage nicht hundert Mal stellen.
Dafür eine andere Frage nochmals: Sind die Käufer von Remakes dumm? Nicht unbedingt. Je nachdem; vielleicht ahne ich ja, dass sich hinter dem seltsam altmodisch aussehenden Super Mario World im Regal – neben Call of Duty 5000 – ein „Klassiker“ verbirgt. Oder ich bin einfach neugierig darauf, was ein 2D-Hüpfer neben einem Egoshooter macht. Kaufe ich das Remake, hat die Videospielindustrie an mir jedenfalls ohne viel Aufwand wieder ein bisschen Geld verdient.  Aber: Ich bin vielleicht genau so gut für´s Geschäft wie für den Aufbau einer Videospiel-Kulturgeschichte. Immerhin.(1)

Zukunft

Ob Fluch oder Segen: Schauen wir nach vorne, scheint die Remake-Welle nicht abzubrechen. Vor einiger Zeit wurde Final Fantasy 10 HD (2) angekündigt. Gott, hört das denn nie auf?
Nein, denn Gott sah, dass es gut war.

(1) Mit dem Phänomen der „Remakes“ verwandt ist natürlich die Konzeption von endlos langen Spielereihen. Alles ist immer das gleiche, trotzdem gibt es Fangemeinden, die nie davon müde werden. Wirklich nie!

(2) Ich glaube, das hol ich mir doch.

Dieser Beitrag wurde von Yoshi geschrieben und am 15. Oktober 2012 um 20:01 veröffentlicht. Er ist unter Theorie abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

2 Gedanken zu „Remakes und Remakes

  1. Lord_Grizzly sagte am :

    Ja FF10-HD will Ich auch!!!!
    Und zum glück gibt es die FFs für den Advance, sonst wär ich vielleicht nie dazu gekommen sie zu Spielen.

    Peace

    • Yoshi sagte am :

      Ja, um die FFs auf dem Advance war ich auch froh 🙂 Machte regelrechte Freudensprünge, als der sechste Teil damals angekündigt wurde. Trotz der leicht verminderten Musikqualität sind die Teile auch auf dem Gameboy ein Muss 🙂

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