Von JÁNOS MOSER.
Einst nahm ich mir vor, jeden Final Fantasy-Teil durchzuspielen. Mittlerweile ist dieses Ziel in unerreichbare Ferne gerückt. Nicht nur schiessen die FF-Games allmählich wie Pilze aus dem Boden, sie haben auch kontinuierlich an Qualität abgenommen, sodass es sich kaum lohnt, die neueren Hauptteile, geschweige denn die zahlreichen Spin-Offs zu kennen. Und doch gab es nach dem kürzlichen Beenden von FF III ein Spiel, welches diesem sehr ähnelte und ich ebenfalls nie fertiggeschafft hatte – Final Fantasy V. Erst war ich sehr skeptisch: Lohnt es sich, für dieses alte Game den GBA hervorzukramen, den ich fast ein Jahrzehnt nicht mehr angerührt hatte? War der Grund, weshalb ich damals aufhörte, nicht der nervige Endboss gewesen? Doch: Wer gibt schon gerne kurz vor dem Ende auf? Also nahm ich mir ein Herz und startete eine neue Runde.
Verwandschaft
Dass auf den FF III-Marathon jetzt FF V folgen muss, ist in vielerlei Hinsicht nur logisch. Die beiden Spiele ähneln sich in Punkto Kampfsystem stark, wobei dasjenige von FF V eine konsequente Weiterentwicklung des dritten Teils darstellt. Wie bei FF III können alle vier Charaktere jede beliebige Profession annehmen, die in den Kräften der Kristalle ruhen. Auch diesmal sind es etwa 20 Jobs, wobei die GBA-Version noch einige Extrajobs spendiert bekommen hat. Da sind einerseits die üblichen Verdächtigen wie Ritter, Dieb, Schwarz- oder Weissmagier, aber auch Exoten wie der Geomant, der die Kräfte der Kampfumgebung nutzt, oder der Tierbändiger, mit dem sich Monster fangen und einsetzen lassen. Im Unterschied zu FF III werden häufige Jobwechsel nicht bestraft – im Gegenteil ist es sogar ratsam, jeden Charakter so viele Berufe wie möglich meistern zu lassen. Steigt man im Beruf eine Stufe auf, erhält der Kämpfer nützliche Fähigkeiten, die in aktive (z.B. das „Stehlen“-Kommando des Diebes) oder passive (z.B. 30% mehr Magiepunkte) unterteilt sind. Einmal erlernt, lassen sich diese Fähigkeiten immerzu einem freien Slot zuteilen, sodass man einen Beschwörer auch Schwarzmagie wirken oder einen Ritter stehlen lassen kann. Das klingt schon mal spassig, ist es auch; aber der wahre Clou kommt erst. Sind verschiedene Jobs nämlich erst einmal gemeistert, kann man in den Freelancer- bzw. Freiberufler-Status wechseln. In diesem erhält der Recke alle Status-Boni der erlernten Berufe sowie zwei freie Kommandoslots, sodass den Kombinationsmöglichkeiten (fast) keine Grenzen gesetzt sind. Nach und nach züchtet man so wahre Superkämpfer heran, sowohl bewandert in allen möglichen Magiearten als auch im Nahkampf. Bei FF V handelt es sich wohl mit Abstand um den grindlastigsten Teil der Reihe; aber im Unterschied zu FF III lohnt sich der Aufwand auch wirklich und besonders im Endgame macht es einfach Spass, die Kämpfer je nach gusto zu individualisieren. Im Unterschied zu Teilen wie in FF VII, wo jeder Charakter sofort in der Lage ist, alle Fähigkeiten zu lernen, müssen hier die Tausendsassas erst einmal hart erarbeitet werden. Das Resultat erscheint aber gerade deswegen irgendwie befriedigender. Hinzu kommen viele Waffen, die nützliche Statuseffekte besitzen. Dass FF V den wohl grössten Wiederspielwert der Reihe besitzt, muss wohl nicht erwähnt werden. (- allein die Auto-Optimierung der Ausrüstung nach jedem Jobwechsel kann z.T. Nerven …)
Simple Geschichte mit Charme
Aber genug vom Kampfsystem. Wie steht es um die Story und die Charaktere, die einen weiteren wichtigen Aspekt jedes FF-Games ausmachen? Hier haben sich die Entwickler zugunsten des Gameplays wieder etwas zurückgenommen. Die Geschichte ist sehr simpel gestrickt. Für einmal mehr geht es um die Kristalle, die ihre Kräfte verlieren und zerspringen. Die vier Krieger des Lichts sind dazu auserwählt, sie zu retten. Waren diese in den NES-Teilen noch namenlos, haben sie hier aber Persönlichkeit erhalten. An die Figuren aus FF IV und FF VI kommen die Charaktere nicht heran, doch die witzigen Cutscenes machen sie immer noch liebenswert und tragen zur Identifikation bei. Vor allem die Streitereien zwischen dem alten Mann Galuf und dem Haudegen Bartz sind lustig zu lesen, auch wenn in Sachen Klamauk manchmal etwas über die Stränge geschlagen wird. Die traurigen Szenen sind diesmal weniger gelungen, da keine rechte Dramatik aufkommen will. Aber halb so schlimm: Nicht jedes Final Fantasy muss dramatisch sein und FF V zählt nun mal zu den unbeschwerteren Teilen. Das beste Beispiel dafür ist Gilgamesh, der Handlanger des Bösen, der zugleich ein comic relief ist. (Oder ein unausgereifterer Vorgänger des Tintenfisches Ultros). Das einzige, was an der Story wirklich nervt, ist der Antagonist Exdeath, der mit seinem „Mwahaha!“ einem schlechten Kinderbuch entnommen scheint.
Solide Grafik und Kompositionen
In Sachen Grafik gibt es wie immer nichts zu meckern. Wer jemals einen der SNES-FF-Teile gespielt hat, wird sich hier sofort vertraut fühlen. Die Figuren sind zwar noch kleiner als bei FF VI, haben aber nette kleine Animationen spendiert bekommen. Schlussendlich spielt es keine Rolle, welche Portierung man spielt, sie sehen alle etwa gleich aus. Ich hatte wie erwähnt die GBA-Version zur Hand, die an den kleinen (und dunklen) Bildschirm angepasst wurde. Zuletzt wieder etwas zur Musik. Der Soundtrack von FF V gehört sicherlich in die Top 5 von Uematsu. Die Kompositionen sind gut durchdacht und passen fast immer zur entsprechenden Szene. Highlights sind das Windddrachenthema oder die End Credits. Besonders hervorzuheben ist aber auch der Intro-Song, der an den Auftakt eines epischen Fantasyfilms erinnert und so sogar fast etwas mehr verspricht, als das Game schlussendlich halten kann. Das ist jedoch auf keinen Fall etwas Schlechtes.
Fazit
Final Fantasy V wurde von Kritikern und Fans oft verschmäht. Man fand die Story zu simpel, zu langweilig, das Spiel zu schwer und in jeder Hinsicht schlechter als den Nachfolger. Das mag in mancherlei Hinsicht stimmen. Doch wer eine epische Geschichte will, spielt FF V in Vorherein mit falschen Erwartungen. FF V ist ein charmantes Fantasyabenteuer mit einem sehr gut durchdachten Kampfsystem, das auch noch nach Jahren begeistert. Die witzigen Charaktere mögen nicht an Terra, Sabin und co. herankommen, haben aber auch je ihre eigene Hintergrundgeschichte und verfügen über genug Eigenheiten, dass man sie auf ihrem Abenteuer begleiten will. Ich habe es auf jeden Fall nicht bereut, das Spiel endlich durchzuzocken, und bin mir sicher, dass es auch andere nicht tun werden.
Pingback: Bravely Default Revisited | Freies Feld
Pingback: Magie und Fantasie | Freies Feld