Von JÁNOS MOSER.
Auf den Anime Angel’s Egg (1985) stiess ich eher zufällig auf Youtube. Als jemand, der sich nicht besonders mit den japanischen Zeichentrickfilmen auskennt, fiel mir vor allen Dingen zuerst der etwas ungewöhnliche Stil auf, der sich doch von anderen 08/15-Produktionen unterschied. Irgendwie erinnerte die Blässe der Hauptfigur an eine Zeichnung aus Amanos Feder, weshalb sie mich sofort ansprach. Und tatsächlich: der berühmte Final Fantasy-Zeichner war zusammen mit Mamoru Oshii, späterer Schöpfer von Ghost in the Shell, für die Produktion verantwortlich. Ein Dream-Team im wahrsten Sinne, denn weder ist die Story des Films verständlich, noch verlieren die Protagonisten je viele Worte. Grob zusammengefasst geht es um ein Mädchen, das alleine durch eine apokalyptische Welt irrt. Unter ihrem Rock trägt sie stets ein mysteriöses Ei mit sich, aus dem ein Vogel schlüpfen soll. Alsbald wird sie von einem nicht minder seltsamen Mann verfolgt, der ein Kreuz auf dem Rücken schleppt. Seine Motivation bleibt ebenfalls unklar; einzig Hinweise auf eine vergangene (oder noch bevorstehende?) Sintflut verlegen die symbolische Bildsprache in einen biblischen Kontext. Wir haben es hier im klassischen Sinne mit einem „Kunstwerk“ zu tun, mit all seinen bildgewaltigen Vor- und prätentiösen Nachzügen. Das langsame Tempo des Films und der beinahe nicht vorhandene Plot schrecken zunächst ab; aber wenn man sich auf Angel’s Egg einlässt, bekommt man viel Stoff zum Nachdenken geschenkt.