Freies Feld

Sonic Generations

Von JÁNOS MOSER.

Neben Mario gehört Sonic zu den beliebtesten Jump’n’Run-Helden auf den heimischen Konsolen. Seit alten Mega Drive-Tagen sind unzählige Teile und mehrere Spin-offs erschienen. Dem blauen Igel will einfach nicht der Schnauf ausgehen – manchmal zum Nachteil der grossen Konsolentitel, deren Qualität in letzter Zeit etwas gelitten hat. Mit Sonic Generations soll an den Erfolg der 2D-Teile auf dem GBA und DS angeknüpft werden. Ob das gelingt, wenn man mal eben zwei Sonics ins Spiel packt?

Zwei mal zwei

Richtig gehört: Mit Generations haben wir das erste Sonic-Spiel, in dem wir einerseits Hand an den Sonic von 1991 und den des neuen Jahrtausends legen dürfen. Das wird stachelig. Oder? Die Idee dahinter: während ihr mit dem schweigsamen Ur-Sonic jeweils Act 1 der Stages durchspielt (selbstverständlich in Retro-2D-Look) bestreitet ihr in Act 2 ein ebenso rasantes 3D-Level. In der Theorie ist das schon mal eine interessante Idee. In der Praxis ebenso. Aber nicht, weil sie besonders gut funktioniert, sondern, weil man sie auf halbem Weg über Bord geworfen zu haben scheint. Die Verwirrung wächst mit jeder Minute: mit welchem Sonic spiele ich jetzt eigentlich? Die vielen Kameraschwenks im 2D-Teil machen den Eindruck, man habe sich für 2.5D entschieden, und im 3D-Teil bestreitet ihr ganze Abschnitte in 2D. Doch keine Sorge – eigentlich spielt das ja auch gar keine so grosse Rolle. Denn was man im Kern geboten bekommt, ist immer noch pure Sonic-Kost auf hohem Niveau. Noch nie, scheint es, hat der Farbenrausch einen so in den Bann gezogen, noch nie war Sonic (vor allen Dingen der alte!) schneller, das Gehüpfe noch nie pulstreibender. Das Gameplay selbst wird man lieben oder verteufeln: wie Anno 1991 ist ausser im richtigen Moment den Sprungknopf und die Richtungstasten zu drücken nicht viel mehr nötig, um einen Level zu schaffen. Manchmal legt man auch 20 000 Meilen über und unter Wasser, auf Grindstangen und Raketen zurück, ohne dass man einen Knopf anrühren muss. Rollenspieler, die nach Spieltiefe, Entscheidungen, Taktik und so weiter verlangen, sollten den Titel deshalb gar nicht anfassen. Jump’n’Run-Fans hingegen werden nach kurzer Zeit merken, dass da doch mehr dahintersteckt. Wie in guten Mario-Spielen gibt es jedes Mal mehrere Möglichkeiten, einen Level abzuschliessen. Von „Geheimgängen“ zu sprechen, würde es nicht ganz treffen; vielmehr muss man in der richtigen Sekunde reagieren, um durch einen Sprung einen weiteren Pfad zu erwischen, der einen auf noch fantastischere Loopings und Sprungfedern schickt. Manchmal glaubt man, es mit einem Rennspiel mit Abzweigungen zu tun zu haben. Neueinsteiger werden von der Geschwindigkeit erbarmungslos erschlagen. Was anstrengend klingt, ist jedoch Kalkül: Nur, wer die Levels mehrmals durchspielt und sie somit meistert, kann ihnen alle Geheimnisse entlocken. Extraleben, zusätzliche Ringe, ein Highscore.

Knuddelig

Die Levelauswahl spielt sich in einer dimensionslosen weissen Zwischenwelt ab, die desto mehr Farbe bekommt, je mehr Levels man schafft. Und das ist nicht alles: in jenem Zwischenort erwarten einen sogenannte Herausforderungstore. Die schicken euch nochmals in die Levels, um eine bestimmte Anzahl Ringe zu sammeln, euren Doppelgänger zu schlagen oder Gegner zu verkloppen. Auch die Chaos Emeralds dürfen nicht fehlen. Als nettes Gimmick erhaltet ihr nach jeder abgeschlossenen Herausforderung und jedem Level Punkte, die ihr in einem Shop für verschiedene Accessoires ausgeben könnt, die dann in einem möbelierten Zimmer zu bewundern sind. 7777 Punkte reichen gar für einen virtuellen Mega Drive (mit Sonic 1). Um den zu bekommen, muss allerdings etwas Spielzeit geopfert werden. Was die Bosse angeht, so sind diese leider nicht mehr alle 2 Acts vertreten. Im ganzen Spiel existieren nicht mehr als 4 Bosskämpfe – etwas mager. Die Technik heimst nicht nur Lorbeeren ein. Während die Grafik annehmbar und zweckdienlich (und knuddelig) ist, leidet das Spiel manchmal an Slowdowns. Das ist bei der Geschwindigkeit nicht verwunderlich, trotzdem, das hätte man besser hinkriegen können. Die Musik mag man oder mag man nicht; dass die Entwickler ein Händchen für treibende Rhythmen (und gute Remixes der alten Sonic-Songs) haben, kann man nicht abstreiten. Besonders cool: Im Gebiet der Levelauswahl gibt es fliessende Übergänge von Stück zu Stück, je nachdem, zu welchem Leveleingang ihr Sonic steuert. Was hingegen ärgert, sind die langen Speicherzeiten, in denen man nicht Herr über den Igel ist und er wie am Boden festgewachsen dasteht. Von der Story muss man nicht allzu viel erwarten, es geht mal wieder um Dr. Eggman und ein Zeitmonster, das die Dimensionsverschiebungen hervorruft (deshalb die 2 Sonics) und die Freunde des blauen Igels entführt. Nichts Besonderes. Schön wäre gewesen, wenn man auch mit Cream, Amy, Knuckles oder Tails hätte spielen können, diese verkommen leider nur zu Sidekicks in manchen Missionen. Schade.

Fazit

Sonic wie er leibt und lebt. Schnell, verrückt und bunt. Wer nach all den grossen Konsolenenttäuschungen mal wieder ein richtiges Sonic-Spiel will, liegt mit Generations richtig. Endlich ist wieder Renn-Action angesagt statt Gewurstel. Der Rausch, die Farben: der Igel steht beinahe symptomatisch für das, worüber Kulturpessimisten in ihrem Geschimpfe über das nervöse Game-Zeitalter verzweifeln. Wer Sonic kennt und liebt, wird ohnehin schon längst zugegriffen haben. Alle anderen seien gewarnt: Das Spiel ist nichts für schwerfällige Naturen.

Dieser Beitrag wurde von Yoshi geschrieben und am 5. September 2013 um 12:30 veröffentlicht. Er ist unter Reviews abgelegt und mit , , , , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

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