Freies Feld

Gekido

Von JÁNOS MOSER.

Gekido – eine japanische Hühnersuppe, eine Sportart, eine Glaubensrichtung? Hinter dem rätselhaften Namen verbirgt sich eine wenig bekannte Spielereihe aus dem Hause Naps Team. Der erste Teil namens Gekido: Urban Fighters wurde im Jahr 2000 auf der PS1 veröffentlicht. Das Spiel rechnet sich dem altbekannten Beat’em Up-Genre zu; im Stil von Turtles in Time oder Double Dragon steuert man wahlweise alleine oder zu zweit seine Kämpfer durch starre Levelabschnitte und verkloppt die anstürmenden Gegnerwellen. Die PS1 lieferte dazumals immerhin eine 3D-Umgebung in seitlicher Vogelperspektive, auflesbare Schusswaffen und interaktive Objekte wie Felsblöcke oder Blumenbeete, die man um sich werfen konnte. Obwohl das Spiel nie sonderlich erfolgreich war, spendierte das Entwicklerteam dem Gameboy Advance 2002 gnädigerweise einen Nachfolger: Gekido Advance: Kintaro’s Revenge.

Klopperei

Wer Kintaro ist und wofür sich dieser Typ rächen will, steht für jemanden, der den Vorgänger nicht gespielt hat, erstmal in den Sternen. Ist ja auch unwichtig, denn die Hauptrolle in dem Sequel spielt ohnehin Tetsuo, ein Ninja-Kämpfer alter Schule. Von seinem Sensei wird er in einer erstaunlich gut gemachten Animé-Sequenz losgeschickt, um seltsame Ereignisse in einem abgelegenen Bauerndorf zu untersuchen. Im Dorf angekommen, ist bald die Hölle los: die Untoten entsteigen ihren Gräbern, Kung-Fu-Damen wollen einem auf den Kopf springen und im alten Tempel haben sich scheinbar Dämonen eingenistet. Glück für uns, Pech für Tetsuo: Sogleich dürfen wir unsere Kampfkünste an den faulen Kadavern erproben. Nach dem tollen Intro mit der stimmungsvollen Musik macht sich im ersten Moment Ernüchterung breit. Viel mehr als Schlagen und Treten hat der wackere Kämpfer nicht auf Lager. Konnte man im ersten Gekido noch Blitze schiessen, hat man uns im GBA-Teil nur noch ein paar Power-Ups gelassen, die einen für ein paar Sekunden schneller oder unverwundbar machen. Das Höchste der Gefühle ist ein brav aussehender Feuerstoss, der alle Gegner in der Umgebung verbruzelt. Effektiv? Na ja: In der nächsten Sekunde seid ihr garantiert wieder umzingelt. Echt? Leider echt. Der Schwierigkeitsgrad von Gekido Advance ist nicht ohne. Während ihr stets um eure Lebensanzeige bangt, setzen euch Fallen und Horden von Gegnern zu, die alles andere als glimpflich mit Tetsuo umgehen. Verliert man früh im Level viel Gesundheit, sinkt die Wahrscheinlichkeit massiv, bis zum Ende durchzuhalten. Die zweite Schwierigkeit sind die Levels selbst: Obwohl man es im GBA-Spiel bei 2D belassen hat (alles andere würde der Gameboy auch nicht allzu gut verkraften), machten sich die Entwickler einen Spass daraus, an den dümmsten Stellen eine verschlossene Tür einzubauen, die nur mit einem Schlüssel zu öffnen ist, den man garantiert übersehen hat. Also den ganzen Weg wieder zurück und – da hat einen der Stachelbolzen erwischt.

Animé

Wo das Spiel punktet, ist der angenehme Grafikstil, der einem gehobenen Animé entsprungen scheint. Tetsuos Tritte wirbeln Sand auf, seine Armmuskeln spannen sich, und die Gegner verzerren das Gesicht, wenn sie von seinen Schlägen getroffen werden. Die Musik ist ein zweischneidiges Schwert. Der Intro- und der Kampfsong überzeugen, sind jedoch fast die zwei einzigen Lieder des Spiels und gehen einem nach dem tausendsten Mal hören auch auf den Geist. Glücklicherweise ist der Sound bei Kampfspielen nicht zentral und im Notfall hat der GBA einen Lautstärkeregler. Die Speichermöglichkeiten beschränken sich auf ein Passwort nach jedem Level. Kampfveteranen freut’s: Das macht die Sache noch kniffliger. Alle anderen müssen sich wohl auf mehrere Versuche gefasst machen, bis ein Level geschafft ist. Während sich hier über Vor- und Nachteil gewiss streiten lässt, ist eines wirklich schade: Das Spiel bietet keine Multiplayeroption. Wer also gehofft hat, per Linkkabel gemeinsam mit einem Kumpel Zombies zu verprügeln, wird leider enttäuscht. Insgesamt hat das Game eine kurze Spielzeit und eignet sich eher für eine Busfahrt als für ausschweifende Zockerabende. Bei Kampfspielen sollte das jedoch erwart- und verkraftbar sein.

Fazit

Scharf auf Gekido oder nicht? Was das ist, haben wir ja gerade eben erfahren. Heute sind Beat’em Ups – zumindest im kommerziellen Bereich – fast ausgestorben, genauso wie die REs im alten Stil. Was der Grund dafür ist, da kann man wohl nur drüber rätseln. FreiesFeld findet es jedenfalls bejammernswert und denkt, dass deshalb allein das Genre schon ein Kaufgrund ist. Also, wer das Game noch irgendwo auf dem Flohmarkt findet: Sich nicht von Tetsuos Grimasse auf dem Cover abschrecken lassen und so schnell wie möglich spielen.

Dieser Beitrag wurde von Yoshi geschrieben und am 18. September 2013 um 15:48 veröffentlicht. Er ist unter Reviews abgelegt und mit , , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

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