Von JÁNOS MOSER.
Castlevania: Vampire’s Kiss (1995) ist sowas wie der ungeliebte Bruder von Super Castlevania IV (1991). Nicht nur handelt es sich um eine abgespeckte SNES-Umsetzung des grafisch überlegenen PC Engine-Titels Rondo of Blood (1993), viele Mechaniken des damals vier Jahre älteren Games waren wieder über Bord geworfen worden. So kann Richter Belmont die Peitsche nur noch in zwei (statt acht) Richtungen schwingen und auch rotierende Levelpassagen sind Geschichte. Gegenüber der PC Engine-Version wurden die Levels und Bosse teilweise beibehalten, teilweise neu arrangiert. Die Musik besteht grösstenteils aus Umsetzungen altbekannter Castlevania-Stücke wie Bloody Tears oder Vampire Killer. Obwohl das Game der SNES-Referenz Super Castlevania IV zunächst in fast allen Aspekten unterlegen scheint, brachte Vampire’s Kiss damals ein paar nette Gimmicks mit. Zum einen gibt es alternative Wege, die zu komplett neuen Levels führen – vorausgesetzt, man hat die Nerven, diese beinharten Passagen auch wirklich zu versuchen. Zum anderen sind auch Spezialangriffe mit den temporären Zweitwaffen (Dolch, Axt, Weihwasser, Kreuz …) hinzugekommen, die alle Gegner auf dem Bildschirm treffen und verheerenden Schaden anrichten. In der Engine-Version war es noch möglich, einen zweiten spielbaren Charakter freizuschalten (Maria Renard). Das bleibt den SNES-Spielern leider verwehrt. Alles in allem hat man es trotz aller Kritik jedoch mit einem durchweg soliden Ableger zu tun. Wären die Entwickler von der Muse statt vom Vampir geküsst worden, hätten sie sicherlich auch das allmählich veraltete Gameplay umgekrempelt; aber die grosse Neuerung kam ja dann mit Symphony of the Night. Manche Levelstellen sind indessen so unfair, dass man den Bildschirm zertrümmern möchte – aber das sind wir ja von den Retro-Castlevanias gewohnt.