Von JÁNOS MOSER.
Super Metroid, einer der grössten SNES-Klassiker, hat bis heute nur zwei legitime Nachfolger hevorgebracht: Metroid Fusion (2002) und Metroid Zero Mission (2004). Beide Spiele erschienen in relativ kurzen Abständen – zumindest gemessen am Serienstandard – für den GBA. Es sollten die letzten reinen 2D-Abenteuer von Heldin Samus Aran werden, bevor die Games endgültig auf 3D umstiegen. Wer sich in der Folge nicht mit dem FPS-Einschlag anfreunden konnte, blieb aussen vor. Nun, Metroid Prime und co. dürften zwar die einzig logische und richtige Weiterentwicklung für Samus gewesen sein, doch gibt es heute noch genügend Spieler, die sich nach den „alten“ Games zurücksehnen. Für die gibt es die eben erwähnten Alternativen, die beinahe gleichwertig nebeneinander stehen. Für Serien-Neulinge drängt sich da natürlich die Frage auf, welches besser sei, denn sie unterscheiden sich in Sachen Story, Gameplay, Atmosphäre, Technik voneinander.
Story
Zero Mission: Da es sich bei Zero Mission genau genommen um ein NES-Remake handelt, hat man in Sachen Story hier natürlich nicht viel zu erwarten. Ziel ist die Vernichtung der Lebensform „Mother Brain“. Das wäre bei jeder anderen Spieleserie ein Manko – nicht so bei Metroid, wo das Augenmerk seit jeher auf der Exploration der Umgebung lag. Den Grossteil des Games verbringt man also einfach damit, sich durch die Tunnelsysteme des Planeten Zebes zu kämpfen und die Upgrades einzusammeln. Was erst einmal dröge klingt, entpuppt sich als die grosse Stärke des Spiels; denn statt einer gradlinigen Storyline zu folgen, erschafft man diese durch das Spielen gleich selbst. Zwar wird man früher oder später automatisch auf den richtigen Weg geführt – aber durch logisches Ausschlussverfahren statt langwierige Erklärungen. Zudem wartet Zero Mission gegen Ende des Spiels mit einer grossen Überraschung auf, die an dieser Stelle nicht verraten sei, aber auf jeden Fall zu den denkwürdigsten Game-Momenten auf dem GBA gehört.
Fusion: Bei Metroid Fusion handelt es sich laut offizieller Zählung um den vierten Teil der Reihe, also um den direkten Nachfolger zu Super Metroid. Samus begegnet einer parasitären Alienrasse namens „X“, die sich auf einer Forschungsstation ausgebreitet hat. Zur Seite steht ihr eine Computer-AI, die sie durch alle wichtigen Ereignisse führt. Waren die früheren Metroid-Teile noch ein einsamer Ego-Trip durch eine relativ statische Welt, passiert in Fusion viel: Stromzufuhren werden gekappt, wissenschaftliche Experimente brechen aus, ganze Teile der Forschungsstation explodieren. Samus‘ Charakter erhält durch ihre gedanklichen Monologe ebenfalls Tiefe. Obwohl die Storytwists teilweise etwas bemüht und nicht immer logisch scheinen, halten sie den Spieler bei der Stange und entschädigen für das vergleichsweise lineare Gameplay. Kurz: Fusion schlägt eine „modernere“ Richtung als Zero Mission ein, die Story wird zum treibenden Element des Spiels. Was aber nicht heisst, dass die Entdeckungslust ganz abhanden kommt.
Gameplay
Zero Mission: Wie erwähnt setzt Zero Mission voll und ganz auf die Eigeninitiative des Spielers. Wenn man mal an einer Stelle nicht weiterkommt, liegt die Lösung vielleicht in einem ganz anderen Sektor des Planeten oder in einem Upgrade, das Samus kürzlich erhalten hat. Meistens ist beides der Fall. Ohne viel Vorgeplänkel wird man in die Welt geworfen und muss sich in ihr zurechtfinden. Das mag heute befremdlich wirken, bietet aber einen entscheidenden Vorteil: Nervige Tutorials fallen gänzlich weg. Lernen, wie man spielt, kann der Spieler nämlich auch selbst. Besonders vorbildlich werden neue Mechaniken ins Geschehen eingeführt; durch genaues Beobachten der Umgebung findet sich oftmals eine neue Bewegungsmöglichkeit und folglich neues Durchkommen. Das Bewegungsmuster der Gegner verrät Schlupfwinkel, manchmal muss man sich die Parasiten sogar eigenhändig zunutze machen, um ein bisher unentdecktes Gebiet zu erschliessen. Learning by Doing – das findet sich in heutigen Spielen leider nur zu selten.
Fusion: Im Gegensatz zu Zero Mission hat Fusion auch eine linearere Art des Gameplays. Soll heissen: Man wird von der Computer-AI angewiesen, sich in einen bestimmten Sektor der Forschungsstation zu begeben, worauf man dort das neue Missionsziel erhält. Während die mysteriösen Chozo-Statuen in Zero Mission einem einen beliebigen Punkt im Nirgendwo kartografieren und man selbst schauen muss, wie man hinkommt – darüber hinaus nicht einmal weiss, was sich dort befindet –, zeigt sich Fusion gnädiger. Die Ziele, die einem die AI vorgibt, sind fast immer klar und deutlich, mit einigen Ausnahmefällen hat man auch nie Schwierigkeiten, an den gewünschten Punkt zu kommen. Die wahre Würze von Fusion liegt in den erwähnten Storyereignissen, die schon mal einen ganzen Sektor mit neuen Gegnern füllen oder den Spieler dazu zwingen, alternative (Rück)Wege zu suchen. Insgesamt wirkt Fusion also zwar linearer, aber diese Linearität stört kaum, da das Spielgeschehen spannend bleibt. Der Schwierigkeitsgrad ist bei Zero Mission übrigens tiefer.
Atmosphäre
Zero Mission: Zebes ist ein unwirtlicher Planet, auf dem man als Ottonormalbürger nicht gerne wohnen möchte. Umso lieber rennt man mit Samus durch die Gänge und erwehrt sich der kriechenden, hüpfenden, krabbelnden Gegnermassen. Obwohl die Sektoren distinktive Unterschiede aufweisen, fügen sie sich zu einem organischen Ganzen; selbst Ausflüge auf die Oberfläche des Planeten stehen einem bevor. Vor allem vermittelt einem die Atmosphäre das Gefühl einer wohligen Einsamkeit, der man sich gerne ergibt. Die einzigen Begleiter sind die besagten Chozo-Statuen, Hinterlassenschaften einer antiken Alien-Zivilisation.
Fusion: Eine scheinbar ausgestorbene Forschungsstation hat nicht viel zu bieten, könnte man meinen. Falsch gedacht: Nicht nur besitzen die Sektoren ein jeweils eigenes Klima, sie werden auch von völlig unterschiedlichen Gegnern und Gefahren bewohnt. So abwechslungsreich die Umgebung ist, so läuft Fusion in die Falle der Zerstückelung. Da die Station gewissermassen aus verschiedenen Klimazonen aufgebaut ist, die jeweils klar getrennt sind, will kein rechtes Gefühl von Immersion aufkommen. Auch hier bietet Fusion jedoch wieder eine mehr als gelungene Entschädigung. Ab einem gewissen Punkt im Spiel bekommt man es mit einem mächtigen Gegner zu tun, der Samus in jeder Hinsicht überlegen ist und einem Nemesis-like echte Schauer über den Rücken jagt.
Technik
Welche musikalische Begleitung einem mehr zusagt, ist letzten Endes Geschmackssache. Fusion und Zero Mission verfügen beide über einen speziellen Kopfhörermodus, der den Soundtrack noch besser zur Geltung bringt. Insgesamt würde ich hier wohl Zero Mission den Vorzug geben. Grafisch sind die Spiele beinahe komplett identisch, Fusion wirkt aber einen Tick besser animiert. Nun, der technische Aspekt der beiden Spiele gibt auf jeden Fall nichts zu meckern und sollte nicht das ausschlaggebende Kriterium sein, weshalb man Fusion oder Zero Mission den Vorzug gibt.
Features
Das nur so, weil es mir gerade eingefallen ist: Zero Mission bietet sozusagen zwei Titel in einem, da man nach dem Durchspielen das NES-Original freischaltet. Das nur so als zusätzlicher Punktebonus, wenn man auf alte Schinken steht. Tun wir das nicht alle? (Aber auf so alte?)
Fazit
Die Wahl bleibt wie so oft eine Frage des Geschmacks. Will man das etwas „ursprünglichere“ Metroid, das ohne viele Worte und Richtungsweisungen damals zu einer der bahnbrechendsten Nintendo-Marken wurde, oder eine weiterentwickelte Version, in der die Story eine grössere Rolle spielt, ohne das gewöhnliche Erfolgsrezept zu stark zu verzerren? Meine Meinung ist zweigeteilt; zwar habe ich Fusion sicherlich mehr gespielt, aber nachdem ich vor ein paar Tagen wieder Zero Mission in den Modulschacht steckte, dünkte mich das Spiel ebenso gut, wenn nicht besser. Auf jeden Fall kann man mit beiden Games nicht viel falsch machen – sie gehören in jede ernstzunehmende Videospielsammlung.