Von JÁNOS MOSER.
Batman: Arkham Knight. Der Abschluss einer grossartigen Trilogie. War da noch was? Ach ja: Zusammen mit Origins ist die Reihe wohl eine Quadrologie zu nennen. Aber nachdem dieser von einem externen Studio fabrizierte Teil in meinen Augen eher missraten war, hat nun Entwickler Rocksteady wieder das Ruder übernommen. Und bietet: eine Welt, die mindestens drei Mal so gross ist wie die von Arkham City, das legendäre Batmobile als fahrbarer Untersatz und langjähriger Fanwunsch, und Joker. Da kann ja eigentlich nichts schiefgehen. Oder?
Psychospielchen
Was? Richtig gehört: Obwohl der Erzfeind Batmans in Arkham City das Zeitliche gesegnet hat, feiert er hier sein Comeback. Wenn auch nur als Schatten, sozusagen. Nachdem Batman etwas von Scarecrows Angstgas abbekommen hat, beginnt er den Joker hinter jeder Ecke zu sehen. Und das Tolle ist: Der Clown legt seine wohl denkwürdigsten Auftritte der Reihe hin. Wer nicht genug vom grünen Psychopathen und seinem talentierten Synchronsprecher kriegen kann, ist also bestens bedient (alle anderen werden die Augen rollen). Doch was hat Scarecrow hier zu schaffen? Nun, zusammen mit dem Arkham Knight, einem mysteriösen Gegenspieler, fungiert er als Hauptantagonist des vorläufig letzten Batman-Games. Diese beiden Antagonisten bleiben jedoch, im Gegensatz zu Joker, ziemlich langweilig und uninteressant. Meist mischt Scarecrow nur im Hintergrund mit und schickt seinen Verbündeten vor, dessen aggressives Geplapper nach wenigen Minuten zu nerven beginnt. Leider verschenkt so die Story viel Potenzial, das besser hätte genutzt werden können. Das heisst indes nicht, dass man keine überraschenden Wendungen erlebt, im Gegenteil. In Sachen Drama schraubt Arkham Knight sich in ungeahnte Höhen. Wenn schon mal die ganze Stadt buchstäblich in Angst und Schrecken getaucht wird, ist es auch zu verschmerzen, dass die Charaktere, um die der dunkle Ritter bangt, dem Spieler selbst irgendwie ziemlich egal bleiben. Abseits von der Hauptstory gibt es darüber hinaus auch wieder jede Menge Nebenaufgaben zu erledigen, in denen der Pinguin, Harley Quinn und co. wie gehabt ihr Comeback feiern. Die haben auf die Hauptgeschichte jedoch keinen Einfluss.
Batmobile
Gameplaytechnisch hat sich in Arkham Knight schon einiges mehr getan. Die wichtigste Neuerung ist das erwähnte Batmobile, das Batman als Transportmittel, Kampfpanzer und sogar als Unterstützung bei den Knobeleien dient. Dank verschiedener Funktionen wie einer Seilwinde, EMP und Fernsteuerung lässt es sich auf vielfache und clevere Weise nutzen. Die meiste Zeit über jedoch verbringt man in den Kämpfen gegen die Drohnen, die der Arkham Knight nicht müde wird auszuschicken. Diese Kämpfe, in denen man die gegnerischen Fahrzeuge mit Raketen beharkt, werden nach kurzer Zeit eintönig und kommen viel zu häufig vor. Da ist es gut, dass man ab und zu eine von Riddler gebaute Rennstrecke befahren darf. Die Steuerung des Batmobiles geht gut von der Hand, wenn sie auch nicht an das realistische Handling eines Rennspiels heranreicht und beim Rasen durch die Stadt allzu oft etwas schwammig wirkt. Die Rätsel, die man mithilfe des Fahrzeugs löst, bügeln diese Nachteile wieder aus. Insgesamt hat die Implementierung des Batmobiles zur Folge, dass Arkham Knight grösser und Sandbox-mässiger geworden ist. Mehr denn je hat der Spieler das Gefühl, ein GTA im Nachtmodus zu spielen, wenn er durch die Strassen brettert und dabei Schurken und Schläger über den Haufen fährt (oder auch einfach über die Häuser fliegt und alle Gegner ignoriert – denn das ist die schnellste Art der Fortbewegung und macht das Fahrzeug eigentlich fast wieder überflüssig). Da passt es umso weniger, dass einerseits keine Zivilisten zu sehen sind (Evakuierung), und andererseits immer wieder betont wird, dass Batman eigentlich keine Menschen tötet. Stattdessen werden sie mit einem Stromstoss weggezappt, wenn sie vor die Räder des Batmobiles geraten. Seien wir mal ehrlich: Das ist doch bescheuert. Ein weiterer Wermutstropfen sind die dürftig ausgefallenen Innenareale. Also keine klaustrophobischen Schleichereien wie in Asylum mehr, ergo weniger „Gothic“-Feeling. Was den Rest der Gadgets anbelangt, so hat Batman wieder alles zu bieten, was in den vorigen Spielen schon erprobt wurde: Explosivgel, ferngesteuerte Batarangs, Unterbrecher, Stromladungen, das ganze Programm. Die Button-Belegung hat sich entsprechend verkompliziert, und wäre ohne stete Erklärungen einfach too much.
Schlägereien
Ein weiterer Kernpunkt des Games sind – neben dem Batmobile – wieder die Massenschlägereien mit Bösewichtern. Entweder haut man einfach rein, oder schaltet bewaffnete Gegner unbemerkt nacheinander aus. Das macht dank X-Ray-Modus und vielfältigen Möglichkeiten Spass wie eh und je. Dieses Mal, scheint es, ist Batman so übermächtig wie noch nie. Schon nach Sekunden fliegt man von Bildschirmecke zu Bildschirmecke und schlägt alles zu Brei. Selbst die neuen Gegnertypen wie Elektrogangster mit Schild lassen sich mit etwas Übung mit einer lockeren Tastenkombination ins Jenseits befördern – Entschuldigung, in den Schönheitsschlaf schicken. Der geringe Schwierigkeitsgrad liegt aber vielleicht auch einfach daran, dass man die Bosskämpfe beinahe restlos gestrichen hat. Warum, Rocksteady? Nichts war so befriedigend, wie Mr. Freeze in Arkham City nach einem nervenauftreibenden Katz-und-Maus-Spiel zu bodigen. Stattdessen bekommt man in Arkham Knight höchstens ein kurzes Quicktime-Event, das schneller wieder vorbei ist, als Batman „I’m Batman!“ rufen kann. Manche Kämpfe kann man auch mit einem von Batmans Partnern wie Catwoman, Nightwing oder Robin bestreiten, indem man zwischen den Charakteren hin und her switcht und einen fett in Szene gesetzten „Doppeltes Team-Ausschalten“-Move macht. Diese Pseudo-Teamfights bleiben aber eine Randerscheinung. Qualitativ aufgewertet wurden indes die Detektiv-Abschnitte, in denen man einen Autounfall rekonstruiert oder einen Fingerabdruck per Scan zusammensetzt. Schade, kommen die so selten vor.
Technik
Von der technischen Seite her gibt es eigentlich wieder mal nichts zu bemängeln. Selbst der hinterletzte Verbrecher hat scheints ein 100-Seitiges Redeskript erhalten und wiederholt sich beinahe nie. Die Synchronsprecher, allen voran der von Joker, sind auch in der deutschen Fassung einfach nur top und bringen die Atmosphäre des Spiels richtig zur Geltung. Wenn es etwas zu bemängeln gäbe, dann wären es manche Kameraschwenks in den Kämpfen, die nicht gerade dazu verhelfen, die Übersicht zu behalten. Die Musik ist auch wieder fast zu ihrer alten Stärke zurückgekehrt. In Sachen Bugs gab es da einen oder zwei: Einmal blieb Batman in einer Fensternische stecken, und einmal warf die PS4 sogar die CD aus dem Laufwerk. Das mochte aber auch einfach an der Konsole liegen. Kompettisten sammeln schnell alle Riddler-Trophäen, bevor es dazu kommt. Ansonsten hält sich der Wiederspielwert in Grenzen. Kauft man den sogenannten Season-Pass, kann man mit regelmässigem neuen Content innerhalb von sechs Monaten rechnen – so zumindest die Entwickler. Ein Batgirl-DLC ist schon angekündigt.
Fazit
„Be the Batman“ – so heisst der Werbeslogan für das Spiel. Come on. Wir waren bereits vier Mal Batman, und langsam aber sicher ist das Spielkonzept ausgelutscht, so toll die Kombination aus Prügeln, Schleichen und Detektivspiel zu Beginn gewesen sein mag. Meine persönliche Rangliste der Arkham-Games sieht ungefähr so aus: Am besten ist Arkham City, gefolgt von Asylum, dann kommt Knight, und das Schlusslicht bildet Origins. In Anbetracht dessen, dass keines der Games wirklich schlecht ist – es handelt sich ja ausschliesslich um AAA-Produktionen – rate ich einem Batman-Fan trotz allem, getrost zuzugreifen. Jemand, der dem Flattermann eine erste Chance geben will, fängt lieber mit Arkham City an.