Freies Feld

Thief

Von JANOS MOSER.

Früher oder später kommt er unweigerlich, dieser Moment im Spielverlauf eines jeden RPGs: soll man rechtschaffen durch die Gegend wandern? Oder doch die Geldbörse dieses reichen Onkels stibitzen, der nachlässig vor uns herwatschelt? Das neuste Action-Adventure von Eidos, Thief (2014), macht uns die Entscheidung leicht. Nicht nur ist Garrett, eure Spielfigur, ein waschechter Dieb, das Stehlen ist auch integraler Bestandteil des Games. Das Spiel beginnt mitten in einer Schleichmission, wo wir im Haus eines nichtsahnenden Opfers schon mal kräftig absahnen dürfen. Kurz darauf treffen wir auf unsere Diebesgefährtin Erin. Scheinbar gilt es, irgendein seltsames religiöses Ritual aufzuhalten, aber es geht schief und Garrett erwacht unversehens in den Gassen der Stadt – alles nur geträumt? Offensichtlich jedenfalls sind seit jenem Ereignis mehrere Jahre vergangen, und eine dubiose Krankheit, genannt „Schwermut“, versetzt die Bevölkerung in Angst und Schrecken. Und wie immer gibt es eine böse Regierung und die Rebellen, denen die Spielfigur hilft.
Wie schon in den anderen Thief-Spielen zuvor, geschieht das in typischer Schleichmanier. Während unseren Missionen versuchen wir möglichst viele Schätze abzugreifen, die wir dann verhökern, um Upgrades und Waffen zu kaufen. Unsere Ausrüstung besteht hauptsächlich aus einem Bogen und einem Enterhaken. Mit dem Bogen lassen sich Wasserpfeile, Feuerpfeile, Erstickungspfeile und dergleichen abschiessen, der Enterhaken dient zum Erreichen von schwer zugänglichen Stellen. Was zuerst als nette Auswahl an Gimmicks erscheint, hat sich leider schnell einmal erschöpft. Kommt hinzu, dass man die Wachen, statt sie geschickt zu umgehen, im normalen Schwierigkeitsgrad auch einfach verprügeln kann, solange nicht gleich eine ganze Gruppe auf einen losstürmt. Ansonsten schleicht man durch die Schatten, löscht Lichter aus, macht Überraschungsangriffe – dasselbe hat man in allen Stealthgames schon tausend Mal gesehen. Neben der aufkommenden Langweile ist unser grösster Feind die gewöhnungsbedürftige Steuerung. Nicht nur das Blocken im Kampf ist unintuitiv; auch einfache Dinge wie das Herabspringen von einer Kante wurden unnötig verkompliziert. So kann man nie mit Sicherheit im Voraus sagen, ob man jetzt zum Springen einen Knopf drücken muss oder nicht, ob man überhaupt springen kann oder nicht doch in den Tod stürzt, weil da kein Weg ist, obwohl er wie einer aussieht. Den Enterhaken kann man auch nur an relativ wenigen Stellen einsetzen. Ein grosser Minuspunkt ist ausserdem das lineare Spielgefühl. Klar, man erwartet kein RPG, aber man schon Missionen und eine Stadt hat, will man auch etwas Freiheit. Stattdessen wirken die Stadtviertel wie einzelne getrennte Levels, man wird hirnlos von Ziel zu Ziel geschickt, und es gibt meist nur einen Weg, die Missionen zu bestehen. Die einzigen Ausnahmen bilden ein paar Nebenmissionen, die etwas Kreativität zulassen, aber die sind rar gesät.
Im Grossen und Ganzen ist Thief eine ungefährliche Nebenbeschäftigung für Kleptomanen – wobei es, was das Stehlen betrifft, bestimmt noch bessere Alternativen gibt (vor allem im RPG-Bereich) – Wer etwas Besseres im vergleichbaren Stil haben will, greift lieber zu einem Game wie Dishonored.

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Dieser Beitrag wurde von Yoshi geschrieben und am 2. Januar 2015 um 15:21 veröffentlicht. Er ist unter Reviews abgelegt und mit , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

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