Diskussionbeitrag zu Oculus Rift.
Von JÀNOS MOSER.
Seit ihrem Auftauchen auf Kickstarter (2012) hat die Virtual Reality-Brille Oculus Rift für Furore gesorgt. Als nächste Revolution der Videospielindustrie gepriesen, feuerte sie die Fantasie zahlloser Entwickler und Spieler an. Es wurde fleissig gespendet: über zwei Millionen US-Dollar nahm die Crowdfundig-Aktion ein und gehörte damit zu den bisher erfolgreichsten auf der Start-Up-Seite. Auf Spielemessen wie der E3 wurde die Brille bereits fleissig vorgestellt. Endlich, so das einstimmige Fazit, verdient eine VR-Brille ihren Namen; das Display mit seinem Sichtfeld von 110 Grad bietet eine noch nie dagewesene Immersion in die Spielwelt. Und, wie wir seit März wissen, in Facebook: das Unternehmen hat die Firma Oculus schamlos aufgekauft. Grund für viel Unmut, den ich hier für einmal den Spendern und Forenmitgliedern überlassen will. Interessanter scheint mir die Frage nach der virtuellen Realität, wie sie, nun, bald Realität werden soll.
Brauchen wir das?
Oculus Rift ist im Grunde ein Bildschirm, der mir auf der Nasenspitze sitzt. Horizontale Drehungen des Spielcharakters steuere ich mit Kopfbewegungen. Ansonsten hänge ich irgendwie auf meinem Stuhl oder dem Sofa und versuche nicht wie ein Mehlsack auszusehen. Auf ein paar Spiele dürfte man sich so schon freuen: Doom 3, Skyrim, Mirror’s Edge oder Team Fortress 2. Seit dem Virtual Boy ist ausserdem technisch so manches endlich ausgereifter. Und nun – brauchen wir das? Die Sache ist doch die: je realer alles wirkt, desto eher fragt sich, ob ich denn die Brille nicht einfach ausziehen könnte, um „the real thing“ zu erleben. Ja, ja, da hatte ich mir beim Erscheinen der PS3 gesagt: noch besser kanns ja nicht werden, warum sich die Mühe machen, weitere Konsolen zu entwickeln? Und trotzdem äuge ich schon neidisch auf PS4-Besitzer. Indes liegt der Kern der Sache bei der Ocolus Rift vielleicht anderswo; denn im Grunde genommen handelt es sich ja nicht um technisch erweiterte Hardware, sondern ein Eingabe- und Steuerungsgerät. Ich soll mich direkt mit dem Spielcharakter identifizieren können; seine Bewegungen sind meine, und durch seine Augen sehe ich die Welt, wie er sie sieht. Zugegeben, klingt cool. Andererseits versuchen ja gerade Ego-Shooter, dieses Konzept seit Jahrzehnten umzusetzen. Was Oculus Rift leistet, ist also keine Revolution. Zudem werden da Horrorszenarien wach: ausgemergelte Gestalten die in irgendwelchen Bruchbuden auf fleckigen Matratzen sitzen, seit Wochen die Brille auf dem Kopf … aber wir wollen nicht den Teufel an die Wand malen.
Hype
Die Frage aber ist und bleibt dieselbe: Virtual Reality, hui oder pfui? Dass es einen Hype um die bald erscheinende Brille gibt, ist unbestreitbar. Ich bleibe erst einmal skeptisch. Wer sagt mir, dass ich nach ein paar Wochen Oculus Rift nicht doch lieber wieder zum guten alten Bildschirm zurückgreifen möchte? Oder dass ich gar nicht in einer Welt leben will, in der die Realität und Virtualität miteinander verschmelzen? Oder dass ich wegen den schnellen Kopfbewegungen ganz einfach kotzen muss? Es bleibt abzuwarten.
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