Freies Feld

Journey

Von JÁNOS MOSER.

Joruney, das Indiegame von Jenova Chen (Ja, Jenova), entwickelte sich seit seinem Erscheinen im PSN-Store 2012 schnell zum Geheimtipp. Vision statt Aggression, künstlerisches Geprunke statt Punkte und ein Spiel der Klasse statt Gamermasse – da bekamen sogar Zeit-Journalisten wässerige Augen. Doch was ist eigentlich der Sinn hinter diesem geheimnisvollen Spiel, das in seinen Ambitionen an ein El Shaddai oder Shadow of the Colossus erinnert? Haben wir es mit einem weiteren langweiligen „Kunst“-Game zu tun, welches viele Versprechen, aber wenig Inhalt bietet? Oder ist Journey der Beginn einer neuen Ära von besseren, weil bedeutsameren Games? Dem Titel entsprechend wollen wir uns einmal auf die Reise begeben und schauen, was dabei rauskommt.

Zahnstocher

Um hinter den Zweck des Spiels zu kommen, braucht man nicht mehr als einen zufälligen Blick auf das Cover zu werfen: Ein in Robe gekleidetes Männchen mit Zahnstocherbeinen und flatterndem Schal steht in einer unendlichen Wüste, im Hintergrund ragt bedeutungsschwanger ein Berg auf, dessen Spitze in ein helles Licht getaucht ist. Selbst Kunstkritiker haben die effektheischenden Kameraschwenks zu Beginn des Spiels nicht nötig, um zu wissen: Da muss ich hin. Und wie geht das? Zu gerne hätte man ein paar Moves à la Chun Li auf dem Kasten, leider liegt ausser Gelatsche nicht viel mehr drin. Selbst Springen kann das Kerlchen nur mithilfe schwebender Bändchen, die überall in den Levels verteilt in der Luft herumfliegen. Durch „Rufen“ werden Wandreliefs beleuchtet oder Brücken aktiviert, die ein Vorankommen ermöglichen. Im Onlinemodus trifft man ab und zu auf andere Spieler, mit denen jedoch keine vernünftige Kommunikation möglich ist. Gegner gibt es nur sehr wenige. Und so wandert man die meiste Zeit über zu zweit oder alleine durch visuell ansprechend gestaltete Wüstenlandschaften, nur begleitet von fliegenden Bändchen und dem Wind. Was langweilig erscheint, wird immerhin durch kleine Rutschpartien oder gewagte Sprünge aufgelockert. Wer die Reise das erste Mal auf sich nimmt, braucht etwa zwei Stunden dafür, Wiederholungstäter werden deutlich schneller durch sein. Der Spielzeit nach rechtfertigt das Game also keineswegs den relativ hohen Kaufpreis. Aber das ist ja nicht das, worauf man sich bei diesem Erlebnis achten sollte, oder? Mehr oder weniger, genau. Was die Entwickler allem Anschein nach bezweckten –  nämlich ein etwas „anderes“ Spielgefühl – haben sie guten Gewissens erreicht. Tatsächlich ist Journey erfrischender als das X-te Call of Duty und überlässt stupides Geballer anderen Titeln, wodurch es sich abhebt. Aber zu welchem Preis? Um das Spiel zu „schaffen“ sind keine Reflexe nötig, und es gibt keinen Highscore. Gefragt ist – ja, man fragt sich ein bisschen, was denn überhaupt in dem Spiel gefragt ist. Die Rätsel verdienen ihre Bezeichnung nicht, es gibt keine Herausforderung, keine Zeitbeschränkung, nichts. Alles, was übrig bleibt, ist die audiovisuelle Präsentation von weiten, gespenstisch leeren Landschaften. Weshalb es sich ganz auf die verlassen muss, und das ist der Schwachpunkt des Spiels. Wer nichts für Wüsten usw. übrig hat und von der Story nichts wissen will (bei welcher man ohnehin nicht wirklich durchblickt), findet nämlich weitaus Besseres auf dem Makt. Nun gut, Ästheten kommen bei dem vertieften Gefühlskrimskrams, das die Entwickler erzeugen wollten, wohl auf ihre Kosten. Sind sie jedoch gleichzeitig Kenner, sprich langjährige Gamer,  stellen sie bald etwas enttäuscht fest, dass ähnliche „tiefe Gefühle“ schon zu SNES-Zeiten Gang und Gäbe waren. Zum Beispiel in FF4, als Cecil nach einem Schiffbruch allein am Strand erwacht und das traurige Main Theme erklingt, oder in Super Metroid, als Samus … – doch ich schweife ab.

Fazit

Journey ist ein Spiel für Menschen, die Spielen eigentlich nichts abgewinnen können. Das im durchaus positiven Sinne: Es verursacht keinen Stress, macht keinen Lärm, sieht schön aus und ist für jedermann zu schaffen. Wer jetzt an die vielen anderen Wohlfühl-Spiele denkt, wie sie teilweise von Nintendo lanciert wurden, rümpft wahrscheinlich die Nase. Zur Beruhigung: Ganz so plüschbärig ist es nicht. Dennoch ist eigentlich vieles, das Journey bietet, schon  mal dagewesen. Ja, die weite der Landschaften kennen wir sogar aus Metzelorgien wie God of War. Na gut: Wer es mal ruhig angehen möchte, der kann es ja mal mit Journey versuchen. Allen anderen sei versichert, dass man das Gebotene auch anderswo bekommt, und erst noch mit Bazooka.

Dieser Beitrag wurde von Yoshi geschrieben und am 28. Juni 2013 um 17:32 veröffentlicht. Er ist unter Reviews abgelegt und mit , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

Ein Gedanke zu „Journey

  1. Lord_Grizzly sagte am :

    Bazooka oder Feuerball sind wichtig! Ein Spiel welches ohne beides Auskommt kann ja nicht über lange Zeit gut unterhalten xD

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