Freies Feld

Asterix & Obelix

Von JÁNOS MOSER.

Lizenzspiele, ach, Lizenzspiele. Von Kindern gemocht, von „Hardcore“-Gamern verhasst, fristen Spongebob, Spirit, Scrat, Simba, die Schlümpfe, Chipmunks und co. auf Konsolen ein Schattendasein. Im Kino waren die Viecher ja noch ganz toll, aber sobald sie den heimischen Fernsehbildschirm verunreinigen, ist Schluss mit lustig. Man meint, aus dem berühmten E.T.-Debakel 1982 hätten die Filmversofter gelernt – weit gefehlt. Bis heute schweifen die Augen des PS3- oder Xbox 360-Spielers im Laden trotz Scheuklappen an Ice Age oder Up vorbei. Weinkrämpfe und spontane Anfälle von Wahnsinn sind unvermeidlich. Dass die Spiele mit ihren Untertiteln „The Videogame“ eine ganze Industrie in den Dreck ziehen, macht die Sache nicht besser. Wer um Lizenzspiele prinzipiell einen grossen Bogen macht, übersieht jedoch leicht, dass nicht alle in die Tonne gehören; im Gegenteil, es gab da ein paar ganz gute. Dazu gehört der 1995 erschienene 2D-Hüpfer „Asterix & Obelix“, welcher grob an die Comicbücher und Trickfilme angelehnt ist.

Die Unbeugsamen

Nicht schon wieder ein Hüpfer. Nicht schon wieder dieselben öden Power-Ups, langweiligen Gegner, abwechslungsarmen Levels und diese nervtötende Musik und schlechte Pixelgrafik. Ja, all das bietet Asterix & Obelix – nur ist nichts davon öde, langweilig, abwechslungsarm, nervtötend oder schlecht. Stimmt: Bei der Masse an Jump’n’Runs, die in den Neunzigern für den Super Nintendo erschienen, war es nicht leicht, die Spreu vom Weizen zu trennen und da landete schon mal ein potenzieller Hitkandidat auf der Streichliste. Es malochten die Spieleentwickler – nur bitte, fressen sollten sie die Früchte ihrer Arbeit selber. Im Fall von Asterix & Obelix ist Hochmut fehl am Platz, denn wer sich das entgehen lässt, ist selber schuld. Angefangen beim hä? Was? Anfang. Nach einem hübschen Intro erhält der Spieler die Wahl zwischen Singleplayer, Multiplayer und Optionen (ha!). Wer sich mangels Spielpartner für den ersten Modus entscheidet, startet mit Asterix im unbeugsamen Gallierdorf. Wie nett, Miraculix und Majestix scheinen einem nachzuwinken, wenn man auf die Palisaden zuschreitet. Und raus geht’s in den Wald. Wer ein Fünkchen Ahnung von den beliebten Comicbüchern hat, weiss, was uns hier erwartet: Römer, Wildschweine und Römer. Während die Wildschweine nach ein paar Faustschlägen (buchstäblich) im Jenseits landen, sind die Lateiner kniffligere Gegner, als uns die „Wosh“ „Wusch“ und „Paff“ weismachen wollen. Sie stechen zu – und das gut und gerne mit Lanzen, die das Fünffache von Asterix‘ Armlänge ausmachen. Ganz schön fies, aber ein Gallier kann eben nicht immer im Vorteil sein. Da hilft es auch nicht, ökonomischen Gebrauch von Asterix‘ Zaubertrankflasche zu machen, denn er hat keine. Ja wo is‘ denn nu‘ det Trank? Auf Bäumen wächst das Zeug nicht, da muss man schon die im Level verteilten (und manchmal schwer zu erreichenden) Blöcke verprügeln. Abgesehen vom Zaubertrank, der einen für ein paar Sekunden unverwundbar macht, sind mancherorts Schinken für das Auffrischen der Lebensenergie oder Level-Ups zu finden. Level? Ups. Ich meinte „Leben“. Na egal: Wer ein zäher Gallier ist, braucht solchen Firlefanz nicht und erreicht das Ende des Abschnitts auch ohne Krücken. Und da wartet schon die erste Überraschung des Spiels – tadaa, Bootsfahrt über den stürmischen Ozean. Die Schaluppe ist der Star des Spiels, sie kann nämlich über Riffs schippern, wenn Asterix hüpft. Zu Schade, dass wir sie bald wieder aufgeben müssen, denn da steht ein Trip über eine Galeere an. Am Ende knacken wir dem Peitschentreiber eins in die Fresse, ganz wie es sich für ein gutes Spiel gehört. Jetzt sieh mal einer an: wieder Bootsfahrt. Oh, und im nächsten Level hüpft Asterix die nebligen Klippen Südenglands hoch. Dann ein Ausflug in die Countryside, über Londinium bis hin zu einem Rugbyspiel. Kein Problem? Kein Problem. Und das ist nur das erste Abenteuer – im Verlauf des Spiels erwartet den mutigen Gallier Ägypten, Kreta oder Athen. Wie der findige Comicliebhaber bereits vermutet, bilden jeweils vier oder fünf Levels ein bekanntes Asterixabenteuer. Jedes Mal abgeschlossen mit einem mehr oder weniger tödlichen Spiel wie Rugby oder Stierkampf. Toll!

Olympia

Lizenzspiel wäre nicht Lizenzspiel, wenn da nicht irgendwo ein Haken an der Sache wäre, oder? Häckchen? Häklein? Kleine Unstimmigkeiten gibt es, zum Glück wird jeder grosszügige Kritiker (wie ich es heute bin) dabei ein Auge zudrücken. Da ist zum einen das veraltete Passwortsystem zur „Speicherung“ des Spielfortschritts. Das konnte man früher schon besser. Zum anderen hat Asterix & Obelix mit den SNES-Schlümpfen etwas gemeinsam, und das ist der hohe Schwierigkeitsgrad. Echt, mit den Römerlanzen, Geiern und wildgewordenen Piraten ist nicht zu scherzen. Zumal man sie oft nicht kommen sieht und ein Ausweichmanöver übermenschliche Reaktionsfähigkeit benötigt. Der Gipfel ist ja dann aber wohl die Olympiade: Zum Teufel, was zur Hölle? Wie schnell muss man diesen gottverdammten Knopf drücken, um beim Hürdenlauf zu gewinnen? Momente wie diese sind einfach nur frustrierend und man ist ausnahmsweise froh um das Passwortsystem, da man so ein Level vorspringen kann. Die letzte Paradoxie bildet der Multiplayermodus. Mit Kraftbolzen Obelix an der Seite ist alles in Butter? Denkste. Die beiden Gallier zeitgleich auf dem Bildschirm verursachen mehr Probleme, als sie lösen, und das Spiel wird noch unfairer. Die Gefahr, dass einer „aus dem Bildschirm“ fällt, ist besonders im Klippenlevel besonders gross. Und? Alle vorangehenden Kritikpunkte – und ich meine: alle – machen der tolle Soundtrack und die hübsche Grafik wieder wett. Die Musik nimmt in manchen Levels sogar fast epische Ausmasse an und ist Ohrwurmgarant schlechthin. Wer dachte, Jump’n’Runs können keine gute Mucke haben, wird hier eines Besseren belehrt. Dasselbe gilt für die Grafik: Nie sahen Pixelzeichnungen toller aus. Wen schon die Bilder „gluschtig“ machen, sollte das Ganze erst in Bewegung sehen!

Fazit

Wer was gegen Lizenzspiele hat, sollte es mal mit dieser Perle versuchen. Nichts ist schöner, als seine Vorurteile über Bord eine Galeere zu werfen und die Füsse nicht in den Sandalen stecken zu lassen. Die tolle Präsentation und die Abwechslung in Sachen Leveldesign lassen einen schnell über den Schwierigkeitsgrad – der, unter uns gesagt, nichts für Kinder ist – hinwegsehen. Also: Wer schon immer mal Lateiner verprügeln wollte, kommt hier auf seine Kosten.

Dieser Beitrag wurde von Yoshi geschrieben und am 31. Januar 2013 um 20:33 veröffentlicht. Er ist unter Porträts abgelegt und mit , , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

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